Retrospektive 2020

Buddies

ein Film von Arthur J. Bressan Jr.

US 1985, 81 Minuten, englische OF mit deutschen UT

Buddies

ein Film von Arthur J. Bressan Jr.

New York 1985. Der erste Spielfilm über die Aids-Epidemie.

Der 25-jährige schwule Schriftsetzer David will etwas gegen die Aids-Epidemie tun und meldet sich bei einem Community-Programm an, das „buddies“ an Menschen vermittelt, die von HIV betroffen sind. So lernt er den 32-jährigen Aktivisten Robert kennen, der nach seiner Erkrankung von Partner und Freunden im Stich gelassen wurde. In einem kleinen Krankenhauszimmer reden die zwei jungen Männer über ihr Leben, die richtige Haltung zum Schwulsein, über leidenschaftlichen Sex und die Angst vor dem Tod.

Arthur J. Bressan Jr.s Film ist eine zutiefst berührende Studie über Leben und Sterben zu Zeiten von Aids – und ein zeitloses Dokument schwuler Solidarität.

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Hintergrund

Lange vor Filmen wie „Longtime Companion“ (1989) oder „Philadelphia“ (1993) war Arthur J. Bressan Jr.s „Buddies“ der erste Spielfilm über die Aids-Epidemie. Bressan schrieb das Drehbuch mit Hilfe von Freunden, die von HIV betroffenen waren, in nur fünf Tagen im Frühjahr 1985 in San Francisco. An neun weiteren Tagen drehte er mit einer kleinen Crew und einem geschätzten Budget von nur 27.000 Dollar „Buddies“ in New York City, Washington DC und San Francisco.

„For me there is a real moral issue in going around and raising several hundred thousand dollars to make a movie about the pain and suffering and lives of people with AIDS who can’t make rent and are living on food stamps“, erklärt Bressan seinen Ansatz. „I really felt I’d better make Buddies small, low budget, and powerful… I did not want to spend a year or two doing an AIDS movie which should be made now.“

Auch formal kommt „Buddies“ mit minimalen Mitteln aus: Er wird schauspielerisch fast vollständig von den beiden Hauptdarstellern getragen, der Rest des Cast ist nur aus dem Off zu hören. Als Voice-over sind zudem Davids Tagebucheinträge zu hören, in denen der junge Mann seine Treffen mit Robert kommentiert und den Raum des Krankenhauszimmers zu einem emotionalen inneren Monolog hin öffnet. Bressans Film erzählt nicht nur von einer berührenden Freundschaft, er ist auch eine energische Anklage gegen den verantwortungslosen Umgang der damaligen US-Regierung mit HIV/Aids, die lange zögerte, das Ausmaß der Epidemie zu benennen, geschweige denn finanzielle Mittel für die Erforschung der Krankheit oder die Versorgung der Betroffenen bereitzustellen. In einer Zeit, in der es kaum objektive Repräsentation von HIV/Aids in den Medien gab, war „Buddies“ aber auch schlichtweg eine politische Maßnahme zur Schaffung von Sichtbarkeit und zur Aufklärung über eine Krankheit, von der die meisten damals wenig bis gar nichts wussten. Kurz nach der Fertigstellung hatte Bressans Film am 12. September 1985 im Castro in San Francisco Weltpremiere – fünf Tage bevor der damalige Präsident Ronald Reagan zum ersten Mal öffentlich das Wort “Aids” in den Mund nahm.

Manfred Salzgeber, der damalige Leiter der Panorama-Sektion der Berlinale, kannte Bressan bereits über dessen Film „Abuse“ (1982), den er im offiziellen Festivalprogramm gezeigt hatte. Da sich 1985 kein deutscher Verleih an die Herausbringung von „Buddies“ heranwagte, Salzgeber aber der Überzeugung war, dass dieser Film so großartig und relevant ist, dass er Leben retten kann und deswegen im ganzen Land – nicht nur auf einem einzigen Festival – gezeigt werden muss, gründete er kurzerhand einen eigenen Filmverleih, die Edition Salzgeber. In dem Verleih fanden fortan auch weitere Filme über und um Aids eine Heimat, aber auch andere unangepasste, mutige und experimentelle Filme fernab des Mainstreams.

Manfred Salzgeber starb im Jahr 1994 an den Folgen von Aids. Der Verleih, der heute offiziell Salzgeber & Co. Medien heißt und in Kreuzberg ansässig ist, hat seitdem Hunderte Filme in die Kinos gebracht, auf DVD/Blu-ray bzw. als VoD veröffentlicht. Ein Schwerpunkt liegt neben dem Dokumentarfilm nach wie vor auf Filmen des nicht-heterosexuellen Kinos. Mit Derek Jarman, Monika Treut, Gus Van Sant, João Pedro Rodrigues, Sébastien Lifshitz, Jan Krüger, Ira Sachs und vielen mehr wurden und werden vor allem Regisseur_innen vorgestellt, die für einen innovativen Austausch zwischen queerem und Welt-Kino stehen. Die vom Verleih organisierte monatliche Filmreihe queerfilmnacht bringt nicht-heterosexuelle Filme gezielt auch in die Kinos mittelgroßer deutscher Städte. Das von der Edition Salzgeber herausgegebene Online-Magazin sissymag ist Deutschlands führendes Medium zum nicht-heterosexuellen Film. Für ihr breites, über drei Jahrzehnte überspannendes Engagement wurde die Edition Salzgeber bereits viermal mit dem deutschen Verleiherpreis ausgezeichnet, zuletzt 2018.

Nachdem „Buddies“ lange nicht öffentlich zu sehen war, kehrte er in einer neuen digitalen 2K-Restaurierung auf die Leinwand zurück. Die restaurierte Fassung, deren Erstellung von Vinegar Syndrome und dem Frameline Film Festival durchgeführt und von der Regisseurin und Filmwissenschaftlerin Jennie Olsen betreut wurde, hatte vergangenes Jahr in San Francisco Weltpremiere. Im Rahmen des Jubiläumsprogramms „Panorama 40“ der Berlinale wurde die neue Fassung im Februar 2019 in Deutschland erstmalig aufgeführt.

Galerie

Biografie

ARTHUR J. BRESSAN JR., geboren 1943 in New York City, wurde in den 70er Jahren zunächst als Regisseur und Produzent von Pornofilme bekannt. 1977 drehte er den Dokumentarfilm „Gay USA“ über das US-amerikanische Gay Liberation Movement der 70er-Jahre-Filme. 1982 folgte sein Drama „Abuse“ über einen Teenager, der von Zuhause abhaut, weil ihn seine Eltern misshandeln. 1984 wurde er mit einem Preis der Gay Producers Association geehrt. Sein Film „Buddies“ war 1985 der erste Spielfilm über die Aids-Epidemie überhaupt. Bressan starb am 28. Juli 1987 an den Folgen von Aids; Geoff Edholm, einer der beiden Hauptdarsteller aus „Buddies“, zwei Jahre später. Heute gilt Bressans als Pionier des unabhängigen schwulen Kinos. Weitere Informationen zu Bressan und seinem Werk finden Sie hier.

  • 1974

    „Passing Strangers“

  • 1977

    „Gay U S A“ (Dokumentarfilm)

  • 1979

    „Forbidden Letters“

  • 1982

    „Abuse; Panorama“

  • 1983

    „Thank You, Mr. President“ (Kurz-Dokumentarfilm), „Pleasure Beach“

  • 1984

    „Juice, Daddy Dearest“

  • 1985

    „Buddies“

Credits

Cast

Robert Willow

Geoff Edholm

David Schachter

David Bennett

Crew

Buch & Regie

Arthur J. Bressan Jr.

Kamera

Carl Teitelbaum

Schnitt

Arthur J. Bressan Jr.

Musik

Jeffrey Olmstead

eine Produktion von Film and Video Workshop

im Verleih der Edition Salzgeber