Hook-Up-Chronik

Queerpanorama

ein Film von Jun Li

USA/Hong Kong/China 2025, 87 Minuten, Originalversion in Englisch und Mandarin mit deutschen Untertiteln

FSK 16

Queerpanorama

ein Film von Jun Li

Gestalten von Sex

Ein schwuler Mann lässt sich durch die Apartmentkomplexe Hongkongs treiben, von einem Sex-Date zum nächsten – und immer nimmt er dabei eine neue Identität an. Manchmal entsteht für einen Moment eine Verbindung, echte Intimität. Andere Male wird es hässlich. Jedes Mal studiert er sein Gegenüber genau und imitiert dessen Persönlichkeit beim nächsten Date. So ist er Schauspieler, Wissenschaftler, Architekt, Lieferant, Lehrer, immer auf der Suche. Und nur wirklich er selbst, wenn er vorgibt, jemand anderes zu sein.

Mal vorsichtig tastend, mal unnachgiebig bohrend: Mit seinem dritten Spielfilm gelingt Regisseur Jun Li ein sensibles Filmgedicht über die Schönheit von Einsamkeit und jene flüchtigen Begegnungen, die ein Leben verändern. „Queerpanorama“ ist ein sinnlicher Film, der unterhält und anregt und wie nebenbei über die Abgründe schwuler Dating-Kultur philosophiert. Und ein Film, der Sex so zeigt, wie er einfach so passiert, in allen Facetten und Stellungen.

Trailer

Termine

Berlin

am Freitag, 5. September um 21:30 Uhr

Dresden

am Freitag, 5. September um 21:15 Uhr

Düsseldorf

am Freitag, 5. September um 21:15 Uhr

Frankfurt am Main

am Montag, 8. September um 18:30 Uhr

am Freitag, 5. September um 22:00 Uhr

Halle (Saale)

am Freitag, 5. September um 22:00 Uhr

Köln

am Freitag, 5. September um 21:30 Uhr

Leipzig

am Montag, 8. September um 20:45 Uhr

Nürnberg

am Freitag, 5. September um 21:30 Uhr

Potsdam

am Samstag, 6. September um 21:00 Uhr

Stuttgart

am Donnerstag, 4. September um 18:30 Uhr

Wien

am Freitag, 5. September um 21:30 Uhr

Interview

Wie hast Du die Arbeit an diesen Film begonnen?

Es gab eine Zeit, in der mich mein Partner Zenni seinen Freund:innen vorstellte. Deren Reaktion war „oh, deinen Partner gibt es wirklich“! Im Laufe unserer zehnjährigen Beziehung waren wir oft durch räumliche Distanz getrennt, vor allem während der COVID-19-Pandemie. Wir haben uns über eine Dating-App kennengelernt und seitdem auch immer wieder neue Leute getroffen. Wir fühlen uns sehr sicher in unserer offenen Beziehung, aber auf andere wirkte sie einfach nicht so echt. Ich fand das interessant und wollte über uns schreiben, aber auch über die Menschen, die ich kennengelernt habe und mit denen sich eine queere Freundschaft entwickelt hat, die es eigentlich nur zwischen schwulen Männern gibt.

Der Protagonist Deines Films ist sehr frei in seinem Sexualleben. Schwules Leben in Hong Kong erzählst Du über Apps, es erscheint gleichzeitig aber auch sehr frei. Ist das auch in der Realität so?

Es kommt auf das Individuum an. Man kann in der repressivsten Gesellschaft frei leben, solange der Geist frei ist; ein miserables Leben ist in einer Homo-Ehe genauso möglich, wie in jeder anderen.

Erzählst Du auch bewusst eine Geschichte über Multikulturalismus und Expats?

Dieser Aspekt kam ganz natürlich. Schwule Männer treffen sich aufgrund der körperlichen Distanz und des sexuellen Verlangens über Hook-Up Apps. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir jemanden mit einem anderen kulturellen Hintergrund treffen, viel höher als bei unseren heterosexuellen Freund:innen.

Dein Protagonist nutzt eine Hook-Up App. Glauben Du, dass solche Apps ihre Nutzer:innen einander näherbringen oder im Gegenteil das Gefühle der Einsamkeit vertiefen?

Manchmal behandeln die Leute auf solchen Apps ihre Sexpartner:innen einfach wie ein Stück Fleisch. Aber manchmal, wenn man sich gegenseitig mit Freundlichkeit und Respekt begegnet, kann Sex auch etwas Spirituelles haben. Ich zeige in diesem Film beide Seiten dieser Realität.

Ist die Entscheidung den Film in Schwarz-Weiß zu drehen, eine Referenz an die Regisseur:innen der französischen New-Wave?

Ich wollte die männlichen Körper auf die möglichst ästhetischste Weise darstellen. Schwarz-Weiß fühlte sich einfach richtig an. Außerdem bin ich teilweise farbenblind; ich kann mich deswegen am besten in Schwarz-Weiß ausdrücken.

Wie hast Du Jayden, deinen Hauptdarsteller, kennengelernt?

In der Vergangenheit habe ich ihn in einem meiner Kurzfilme besetzt. Damals war er noch 15. Er meldete sich auf einen Aufruf bei Facebook. Als er den Raum betrat wusste ich sofort, dass er der richtige für die Rolle sein würde. Nach meinem Kurzfilm besuchte er dieselbe Hochschule, an der auch ich meinen Abschluss gemacht habe. Und jetzt, ein paar Jahre später, ist er ein professioneller Theater- und Fernsehschauspieler. Ich kann mich wirklich vollkommen auf ihn verlassen, denn er gibt alles für seine Arbeit. „Queerpanorama“ ist sein erster Spielfilm, und ich bin wirklich stolz auf ihn. Er ist zauberhaft.

Dein Protagonist kopiert die Persönlichkeit seines vorherigen Sexualpartners, wenn er einen neuen trifft. Was bedeutet Dieses Verhalten?

So etwas mache ich im wirklichen Leben selber oft, vor allem in Hongkong. Als einer der wenigen offen schwulen Regisseure dort kann ich sehr leicht identifiziert werden. Manchmal, wenn ich anonym bleiben will, erfinde ich einfach eine neue Persönlichkeit. Am einfachsten ist es, Elemente von jemandem aufzugreifen, den ich gerade erst getroffen habe. Als Schriftsteller liegt das in meiner Natur. Ich höre mir die Geschichten anderer an und erfinde neue Figuren, neue Handlungen daraus.

Fast alle Darsteller des Films sind Laien. Wie lief da das Casting ab?

Ich habe meinen Sexpartnern gesagt, dass ich einen Film drehe und die szenisch nachstellen möchte, wie wir uns kennengelernt haben, worüber wir gesprochen haben. Dass alles natürlich etwas fiktionalisiert. Ich bat einige um die Erlaubnis, ihre Persönlichkeiten abzubilden, und fragte auch, ob sie sich nicht selbst in dem Film spielen wollen würden. Die Hälfte von ihnen sagte zu. Für diejenigen, die nicht vor der Kamera spielen wollten, haben wir offene Castings in Hongkong, New York, Zürich und Berlin durchgeführt. Ein sehr langwieriger Prozess.
Mit einigen habe nur über Apps kommuniziert und sie nie persönlich getroffen. Ihr Aussehen und ihre Ausstrahlung passten aber so gut. Ich habe ihnen von meinem Film erzählt, und sobald sie Interesse zeigten, machten wir ein Casting via Zoom. Für den Dreh wurden sie dann eingeflogen. Es war ein Wagnis, dass sich ausgezahlt hat.

Die Sexszenen sind voller Erotik, obwohl die Schauspieler größtenteils keine Profis sind. Wie hast Du es geschafft, dass sich alle beim Dreh dieser intimen Szenen wohlfühlten?

Ich habe ihnen erklärt, warum die Nacktheit für den Film notwendig ist, und habe detailliert beschrieben, wie ich die Szenen drehen wollen würde. Dieser Film basiert auf Freundschaft und gegenseitigem Vertrauen. Ich glaube, der Schlüssel ist, gut zu kommunizieren, die Grenzen aller zu respektieren und nur dann Versprechungen zu machen, wenn man sich absolut sicher ist, dass man sie erfüllen kann.

Biografie

JUN LI (Regie & Buch) wurde 1991 in London geboren und wuchs in Hongkong auf. Dort studierte er Journalismus an der Chinesischen Universität. Außerdem hält er einen Masterabschluss in Gender Studies von der Universität Cambridge. Sein Regiefilmdebüt „Tracey“ (2018) feierte beim Tokyo International Film Festival Premiere und sein zweiter Spielfilm „Drifting“ (2021) beim International Film Festival Rotterdam. Er produzierte zudem Sasha Chuk Tsz-yins „Fly Met to the Moon“ (2023), der ebenfalls in Tokyo lief. „Queerpanorama“ ist sein dritter Spielfilm.

Credits

Crew

Regie & Buch

Jun Li

Kamera

Yuk Fai Hao

Schnitt

Horse Stone

Ton

Cyrus Tang

Szenenbild

Christine Wong

Color Grading

Pete Ma

Post-Produktion

Ken Hui

Produzent:innen

Jun Li, Yue Huang, Zenni Corbin

Cast

Ich

Jayden Cheung

Erfan

Erfan Shekarriz

Phillip

Phillip Smith

Dan

Arm Anatphikorn

Stefan

Sebastian Mahito Soukup

Charlie

Wang Ko Yuan

Matthew

Zenni Corbin

Eine Produktion von Good Sin Production
in Zusammenarbeit mit La Fonte

im Verleih von Salzgeber