Sex & Kunst

Drunken Noodles

ein Film von Lucio Castro

USA/Argentinien, 82 Minuten, englisch-spanische Originalfassung mit deutschen Untertiteln

Drunken Noodles

ein Film von Lucio Castro

Zwischen Häuserschluchten und Zauberwald

Heiße Sommernächte in New York City. In Brooklyn hütet der junge Student Adnan die Wohnung seines Onkels. In Chinatown jobbt er in einer Galerie, in der die verspielten, sexuell aufgeladenen Stickereien des älteren Künstlers Sal ausgestellt werden. Mit ihm hatte Adnan vor einem Jahr eine zärtliche Affäre, so wie er im Hier und Jetzt nächtliche Abenteuer mit dem jungen Essenskurier Yariel erlebt. Und dazwischen hallt das Echo seiner großen Liebe zu dem Schriftsteller Iggie. Vergangenheit und Gegenwart verflechten sich, während sich Adnan treiben lässt zwischen Hook-Ups und dem Rauschen der Stadt, zwischen funkelnden Häuserschluchten und einem verzauberten Wald.

Das Leben ist ein Kunstwerk aus Realität und Fantasie in Lucio Castros „Drunken Noodles“, einem übernatürlich schönem Sommertraum von einem Film – für den im Sex so viel Bedeutung liegt wie in der Kunst. Und wo das eine immer etwas mit dem anderen zu tun hat. Eine Vision queerer Lust über Generationengrenzen hinaus; ein Bilderteppich von Begehren, Sehnsüchten und versuchter Nähe. Und eine Geschichte, die so leichtfüßig und humorvoll erzählt wird, als ginge der Sommer nie vorbei. Ein Film zum Sich-Fallenlassen und zum Genießen. Eine der großen Entdeckungen des Filmfestivals in Cannes 2025.

Trailer

Termine

Berlin

am Sonntag, 7. September um 21:00 Uhr

Dresden

am Sonntag, 7. September um 18:30 Uhr

Düsseldorf

am Sonntag, 7. September um 21:00 Uhr

Frankfurt am Main

am Donnerstag, 4. September um 16:45 Uhr

am Sonntag, 7. September um 22:30 Uhr

Halle (Saale)

am Montag, 8. September um 22:00 Uhr

Köln

am Sonntag, 7. September um 20:30 Uhr

Leipzig

am Donnerstag, 4. September um 20:30 Uhr

Nürnberg

am Sonntag, 7. September um 20:30 Uhr

am Montag, 8. September um 20:00 Uhr

Potsdam

am Sonntag, 7. September um 19:00 Uhr

Stuttgart

am Sonntag, 7. September um 20:30 Uhr

Wien

am Sonntag, 7. September um 20:30 Uhr

Galerie

Interview

Was inspirierte Dich „Drunken Noodles“ zu machen?

Im Sommer 2021 hat mich ein Freund mit der Arbeit von Sal Salandra bekannt gemacht, einem damals 75-jährigen Künstler, der vor kurzem damit begann, explizite sexuelle Tableaus zu sticken – ein Handwerk, das normalerweise sanfteren Motiven vorbehalten ist, wie Kätzchen, die mit Wollknäueln spielen. Ich war total fasziniert und machte mich auf den Weg, um Sal in seinem Haus auf Long Island zu interviewen, in der Hoffnung, einen Dokumentarfilm über ihn drehen zu können. Was mich an seiner Arbeit jedoch faszinierte blieb unerreichbar. Mir wurde klar, dass ich das, was ich suchte, nicht in einem Dokumentarfilm ausdrücken konnte, sondern nur in einem fiktiven Spielfilm. So entstand „Drunken Noodles“.

Der Film spielt zwischen zwei Sommern. Die sommerliche Belichtung und die Kameraführung schaffen eine sinnliche, verträumte Stimmung. Was sollte die Atmosphäre des Films ausdrücken?

Ich interessierte mich für die Verbindung zwischen Orten – zwischen der Stadt und dem Wald, aber auch zwischen verschiedenen Arten von Portalen: Portale im Wald, Portale in der Stadt. Ich wollte den Grenzbereich ausleuchten zwischen Sehnsucht und der grundlegendsten menschlichen Erfahrung – die Verbindung mit anderen. Mir war es wichtig, dass der Film diese Verbindungen und geheimen Passagen mit Eleganz und einer gewissen Leichtigkeit nachzeichnet, so als ob diese Verbindungen mit anderen Welten immer vorhanden wären. Die Kamera sollte Realität und Fantasie mit demselben Blick behandeln.

Adnan, der Protagonist des Films, befindet sich in einer Übergangsphase: Er wohnt in New York, hat eine Pause von der Uni und ist seit kurzem Single. Kannst Du uns mehr über ihn erzählen?

Im Film werden Figuren in der Regel auf eine von zwei Arten eingeführt: Entweder man verrät alles über sie im Voraus oder man lässt das Publikum sie nach und nach entdecken. Ich schreibe, ohne zu wissen, wohin mich der Film führt. Ich schreibe im Präsens, beginne mit einem Titel und bewege mich dann von A nach B und von B nach C, ohne einen festen Plan zu haben. Es macht mir Spaß, eine Figur durch ihre Interaktionen zu entdecken und zu sehen, wie sie in verschiedenen Situationen agiert. Adnan ist sehr eigen – er ist ein Kunststudent, der ein Sommerpraktikum absolviert –, aber er ist auch sehr offen und sensibel der Welt gegenüber. Ich finde diese Neugierde und Offenheit sehr sinnlich.

Wie in Deinem Debütfilm „End of the Century“ spielt auch dieser Film mit der Zeit und lässt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschwimmen. Welche Rolle spielt Zeit in Deinen Geschichten?

Das ist wirklich meine Art zu erzählen. Ich beschreibe, was einer Figur widerfährt, und an bestimmten Stellen in der Geschichte habe ich das Bedürfnis, innezuhalten und etwas zu schreiben, was zuerst keinen Bezug hat – ich vertraue darauf, dass sich die Zusammenhänge von selbst erschließen. Obwohl mein Vorgehen geradlinig und intuitiv ist, bin ich mir bewusst – und freue mich darüber –, dass ein komplexes Ergebnis entsteht. Als Zuschauer liebe ich es, wenn ich in Filmen Verbindungen herstellen kann; ich finde es stimulierend und es macht mir Spaß. Diese Erfahrung möchte ich auch für andere schaffen.

Welche Rolle spielt die Kunst in Deinem Film?

Meine anfängliche Faszination für die Arbeiten von Sal Salandra hat mich dazu inspiriert, diesen Film zu schreiben und zu drehen. Mit Hilfe einer fiktionalen Geschichte wollte ich erkunden, was diese Faszination für mich bedeutet, was meine wahre Leidenschaft ist. Von Kunst berührt zu werden – ob es sich nun um ein Gemälde, Musik oder ein Gedicht handelt – bedeutet, dass jemand etwas ausdrückt, das tief in uns nachhallt. Diese Erfahrung ist zutiefst bewegend, weil sie über das Rationale hinausgeht und uns in unserem Innersten berührt. Ich bewundere Li Bai, einen chinesischen Dichter aus dem 8. Jahrhundert, dessen Werk auch Teil des Films ist. Durch seine Gedichte fühle ich eine direkte Verbindung zu ihm, die Zeit und Raum überbrückt.
Adnan entdeckt Sal’s Werk in einem zentralen Moment in seinem Leben, und als er es später mit Yariel teilt, geschieht etwas ebenso Tiefgreifendes: Unsere Annahmen über ihn als Delivery-Fahrer – und alle anderen Lieferant:innen – werden in Frage gestellt. Kunst dient dazu, unsere vorurteilbehaftetes Denken zu erschüttern und ermöglicht Verbindungen.

Gibt es Deiner Meinung nach einen Zusammenhang zwischen Kunst und Begehren?

Als ich Sal’s erotische Stickereien zum ersten Mal sah, fiel mir auf, dass sich in ihnen kein Begehren ausdrückt. Sal stellt sexuelle Handlungen mit einer solchen Leichtigkeit und Unschuld dar, dass es da einfach keinen Platz für Sehnsucht gibt. In meinem Film wiederum geht es um Begehren.
Es gibt eine Stelle im Film, in der Sal über den Faun sagt: „Er kann dich berühren, aber du kannst ihn nicht berühren.“ Für mich ist das die Essenz des Begehrens – etwas zu wollen, das man nicht haben kann. Wenn das Verlangen sich erfüllt, verblasst es oft oder wird zu etwas Anderem. Der Film spielt in verschiedenen Situationen mit dieser Idee. Ich wollte diesen flüchtigen, poetischen Raum des Begehrens erkunden.

Im Mittelpunkt des Films stehen unerwartete Begegnungen und Verbindungen, die etwas in den Figuren verändern. Was reizt Dich an diesem Thema?

Meiner Meinung nach ist sich mit anderen zu verbinden das wichtigste, was Menschen tun können. Auf diese Weise verändern wir uns, stellen Vorurteile in Frage und schaffen Empathie. Es gefällt mir diesen das Leben verändernden Effekten nachzugehen, den diese oft simplen, flüchtigen Interaktionen haben können. Das Kino ist ein starkes Medium, um dies abzubilden, weil es uns erlaubt, Momente über Zeit und Raum hinweg nebeneinander zu stellen und ihre Konsequenzen wahrnehmbar zu machen.
Es hat etwas wirklich Radikales, eine tiefe Verbindung mit jemandem einzugehen, selbst bei einer flüchtigen oder zufälligen Begegnung. Es ist vielleicht die wahrhaftigste Form der Liebe, denn sie existiert ohne Bindungen oder Besitzansprüche. Es ist nicht mehr oder weniger als jemandem zu sagen: „Ich sehe dich“, und dann weiterzugehen, ohne sich jemals wieder zu treffen.

Jedes der vier Kapitel des Films enthält einen Moment, der mit der Realität bricht. Warum hast Du dich dafür entschieden?

Ich denke, das spiegelt einen queeren Instinkt wider – die Tendenz, das zu hinterfragen, was uns als Realität präsentiert wird, sowie die uns auferlegten Normen. Ich wollte, das Realitätsgefühl im Film instabil erscheinen lassen. Das finde ich anregend für das Seherlebnis. Adnan gibt sich diesen Brüchen hin, und seine Offenheit lädt Zuschauer:innen ein, es ihm gleich zu tun.

Welche Rolle spielt schwules Cruising in Deinem Film?

Cruising fasziniert mich. Es entstand durch den Mangel an Räumen für schwulen Sex, es kam zu Begegnungen im Dunkeln, am Rande der Stadt. Kürzlich erfuhr ich, dass der Spielplatz, auf den ich meine Töchter mitnehme, nachts ein beliebter Cruising-Spot ist. Es fühlte sich an wie die Entdeckung eines geheimen Portals in einem mir gut bekannten Viertel und stellte meine Realität in Frage.
Als Yariel Adnan den Zettel gibt „Wenn ein Austausch im Dunkeln stattfindet, bedeutet das, dass er für immer andauert?“, spielt er damit auf die Verborgenheit des Cruisings an. Ich glaube, schwules Cruising ist ein zutiefst poetischer Akt – es findet immer statt und ist gleichzeitig nie geschehen, da es außer Sichtweite bleibt. Der Film fängt auch den Humor dieser Interaktionen ein: Nach einer intimen Begegnung werden zwei Menschen wieder zu Fremden. Diese Spannung zwischen Fantasie und Realität beim Cruisen ist eine treibende Kraft in „Drunken Noodles“.

Credits

Crew

Regie & Buch

Lucio Castro

Kamera

Barton Cortright

Schnitt

Lucio Castro

Ton

Robert Lombardo

Komponist:innen

Yegang Yoo, Robert Lombado

Szenenbild

Paloma Ruvira

Produzenten

Lucio Castro, Barton Cortright

Ko-Produzentinnen

Joanne Lee, Julia Bloch

Cast

Adnan

Laith Khalifeh

Sal

Ezriel Kornel

Iggie

Matthew Risch

Yariel

Joél Isaac

Eine Produktion von Lucio Castro Inc. und Alsina 427

Im Verleih von Salzgeber